Eröffnung Do 19.5. 19h
20.5. - 20.6. 2022 12 - 22h

Moments ago -go

„Der Finger, der zum Mond zeigt, ist nicht der Mond.“ Dieser bekannte buddhistische Spruch aus dem 4./5. Jahrhundert war sicher schon aus historischen Gründen nicht im Sinne einer semiotischen Wissenschaft gemeint, illustriert aber trotzdem sehr einfach was ein Zeichen ausmacht: es kann nie das Bezeichnete sein, ist immer nur stellvertretend für etwas da, das eben gerade nicht da ist.

Der Rauch für das Feuer, der Sirenenton für die Feuerwehr,…, ein Fingerzeig für eine Blickrichtung.

John Locke begibt sich noch ein Stück weiter ins Labyrinth der Semiotik, wenn er - er bezieht sich auf Worte im Allgemeinen - sinngemäß meint, es könne kein Zeichen für etwas Unbekanntes geben, da es sinnlos und somit ein Zeichen für Nichts wäre.

(Ein Stellvertreter kann nur als Stellvertreter funktionieren, wenn er bzw. auch ein Gegenüber weiß, wen oder was er vertritt.)

Die Kunst des Zeichenlesens besteht folglich zu einem Großteil darin, das Bedeutete, das, worauf gedeutet wird, als das Gemeinte zu erkennen bzw. überhaupt zu kennen.

(Um die Spur eines Bären zu lesen, muss man zuallererst wissen, was ein Bär ist.)

Es handelt sich somit aber auch immer um die viel bemühte Anwesenheit von Abwesenheit. Und wollte man, in umgekehrter Richtung John Lockes gedacht, ein Zeichen für das Nichts (weil wir es ja doch irgendwie kennen) generieren - wo sonst als in einer Leerstelle sollten wir ansetzten?

A. Kaufman