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Diagonale'18 - Eröffnungsfilm

Festivaleröffnung
19.30 Uhr Helmut List Halle

Eröffnungsfilm?18: Murer – Anatomie eines Prozesses
von Christian Frosch
Uraufführung
Österreich / Luxemburg 2018, 137 min, OmdU

Ein brisanter Gerichtsfilm, ein Thriller eröffnet die Diagonale?18. Graz 1963. Der angesehene Lokalpolitiker und Großbauer Franz Murer steht wegen schwerer Kriegsverbrechen vor Gericht. Die Beweislage ist erdrückend. Doch in den Zentren der Macht will man die dunklen Kapitel der eigenen Geschichte endgültig abschließen.

Anhand originaler Dokumente zu einem der wohl größten Justizskandale der Zweiten Republik zeichnet Regisseur Christian Frosch den Fall von Franz Murer nach, der von 1941 bis 1943 als ?Schlächter von Vilnius? einer der Hauptverantwortlichen für die Tötung der Juden in der heutigen litauischen Hauptstadt gewesen sein soll.

Franz Murer wurde erst 1963 auf die juristische Intervention von Simon Wiesenthal hin in Österreich vor Gericht gestellt. Überlebende der Shoa reisten an, um auszusagen und Gerechtigkeit zu erwirken – vergebens. Trotz der erdrückenden Beweislage endete der Prozess mit einem Freispruch.

Der Eröffnungsfilm erzählt diese Verhandlung mit 73 Sprechrollen in dichten Passagen und der stets intensive Nähe erzeugenden Kamera von Frank Amann nach. In Hintergrund-sequenzen und Parallelsträngen im Umfeld des Prozesses kombiniert er die Agitatoren – Täter/innen, Opfer, Zusehende – zu einem erschütternden postnazistischen Zeitbild, in dem, frei nach Hannah Arendt, Tatsachen so behandelt werden, als handle es sich um vernachlässigbare Meinungen. Erschreckend, wie gegenwärtig all dies erscheint.

?Österreich hat keine Seele und keinen Charakter. Österreich besteht aus Tätern, Zuschauern und Opfern?, zieht Regisseur Christian Frosch ein düsteres Resümee aus der Arbeit an seinem Spielfilm Murer – Anatomie eines Prozesses. ?Mich interessierte beim Murer-Kriegsverbrecherprozess weniger, zum wiederholten Male die Verbrechen des NS-Regimes nachzuerzählen, sondern genau hinzusehen und zu verstehen, wie sich die vom Wesen her grundsätzlich verschiedenen Gruppen (Täter, Opfer und Zusehende) in der Republik Österreich darstell(t)en. Das Spannende ist, dass man hier sehen kann, wie das österreichische Nationalnarrativ funktioniert(e). Es basiert keineswegs auf Verdrängung. Es wurde bewusst gelogen, verschleiert, verbogen und gesteuert. Nur so konnte man Täter zu Opfern machen und die Opfer zu den eigentlich Schuldigen erklären. Diesem Prozess lag kein seelischer Defekt zugrunde, sondern Kalkül. Wir müssen uns endgültig von der Vorstellung verabschieden, dass der Patient Österreich nur die Fakten in sein Bewusstsein integrieren muss, um den Heilungsprozess einzuleiten. Die Tatsachen waren und sind bekannt?, so Frosch weiter. Er versteht Murer – Anatomie eines Prozesses dabei nicht als historisierenden, sondern als politischen Film, bei dem es darum ging, das brisante Material so authentisch wie möglich ?zum Sprechen? zu bringen.

Mit: Ursula Ofner-Scribano (Elisabeth Murer), Karl Fischer (Franz Murer), Alexander E. Fennon (Verteidiger Böck), Melita Juri?i? (Rosa Segev), Roland Jaeger (Staatsanwalt Schuhmann), Rainer Wöss (Karl Nowak), Mathias Forberg (Richter Peyer), Gerhard Liebmann (Julius Kloiber), Klaus Rott (Schuldirektor Friedrich), Susi Stach (Geschäftsfrau Hertha), Karl Markovics (Simon Wiesenthal), Ariel-Nil Levy (Jacob Kagan), Mendy Cahan (Ephraim Schuster), Dov Glickman (Leon Schmigel), Franz Buchrieser (Bauernbundpräsident Robert Wallner), Johanna Orsini-Rosenberg (Katharina Ritzinger), Erni Mangold (Oma Kloiber) u. a.

Eine Koproduktion von Prisma Film (AT) und Paul Thiltges Distributions (LU)
Förderungen des Eröffnungsfilms: Österreichisches Filminstitut, ORF Film/Fernseh-Abkommen, FISA – Filmstandort Austria, Filmfonds Wien, CINE ART Steiermark,
Film Funds Luxembourg

Eröffnung
Filmfestival
Screening
Film
arts (general)
Darstellende Kunst
13.03.2018 (Tue) - 18.03.2018 (Sun)
19:30 -
Helmut List Halle , 8020 Graz Helmut List Halle, Waagner-Biro-Straße 98a, 8020 Graz