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Kerstin von Gabain / Zwischeninventur / Minda Andren

BÜRO WELTAUSSTELLUNG
Praterstraße 42/Stiege1/Mezzanin, 1020 Wien

  1. März 2015, 19 Uhr

Zeichnung / Drawing #6
KERSTIN VON GABAIN: The Art Gallery of Rogues

KUNSTRAUM AM SCHAUPLATZ
Praterstraße 42/Hof 2/rechts, 1020 Wien

  1. März 2015, 19 Uhr

ZWISCHENINVENTUR

Matthias Buch, Cut&Scrape, Martin Grandits, Jakob Lena Knebl, Michi Lukas, Rita Novak, Mario Nubauer, Panos Papadopoulos, Begi Piralishvili, Alexander Ruthner, Nino Sakandelidze, Björn Segschneider, Lilli Thießen, Sophie Thun, Sofia Touboura, Pavlos Tsakonas u.a.

DISPLAY WINDOW
Praterstraße 42/Durchgang, 1020 Wien

  1. März 2015, 19 Uhr
    Ausstellungsdauer: 13. - 27. März 2015

MINDA ANDREN


bat­man do­mesti­cus

wie­so heisst bat­man ei­gent­lich nicht mou­se­man wo er doch viel mehr ei­gen­schaf­ten mit der ge­wöhn­li­chen haus­maus als mit fle­der­mäu­sen ge­mein­sam hat? er ver­fügt zwar über eine höh­le, be­wohnt die­se aber nicht, son­dern nutzt sie nur als ver­steck in das er sich bei ge­fahr zu­rück­zieht ähn­lich ei­ner maus die sich in ihr loch ver­kriecht. ge­nau­so­we­nig schläft er dort von der de­cke hän­gend, son­dern tut dies in ei­ner vil­la in ei­nem war­men bett. wer schon mal ein mäu­se­pro­blem hat­te weiss nur all zu gut, dass sich die­se tie­re mit vor­lie­be in bet­ten, de­cken und pölstern ein­nis­ten. fle­der­mäu­se hin­ge­gen hal­ten ihre kör­per im schlaf ge­gen­sei­tig warm und sind des­halb auch meist in grö­ße­ren grup­pen an­zu­tref­fen und in scha­ren un­ter­wegs. bat­man aber ist ein­zel­gän­ger. er kann auch nicht ak­tiv flie­gen. mit sei­nem um­hang glei­tet er nur durch die luft, denn er hat ja we­der flü­gel bzw. flug­häu­te so wie fle­der­mäu­se noch ver­fügt er über über­mensch­li­che kräf­te wie etwa su­per­man. er tut eben nur so als könn­te er flie­gen, ähn­lich ei­ner maus mit fall­schirm. das wich­tigs­te merk­mal aber das we­der bat­man noch die haus­maus mit fle­der­mäu­sen ge­mein ha­ben sind de­ren fang­zäh­ne und das da­mit ver­bun­de­ne blut­sau­gen. ob­wohl nur die we­nigs­ten fle­der­maus­ar­ten tat­säch­lich blut trin­ken hat sich das bild von der fle­der­maus als vam­pir in un­se­rer kul­tur doch so weit eta­bliert, dass man auch im fall von bat­man da­von aus­ge­hen muss, dass sich ei­nem je­den die­se as­so­zia­ti­on frü­her oder spä­ter auf­drängt. wenn bat­man aber dem na­men nach eine fle­der­maus ergo ein vam­pir ist, war­um hat er dann alle ei­gen­schaf­ten ei­ner harm­lo­sen, klei­nen haus­maus und kei­ne der blut­sau­gen­den, in­fek­tiö­sen fle­der­mäu­se/?vam­pi­re? die ant­wort auf die­se fra­ge ist ein­fach: weil bat­man ein vam­pir ist, der sich als maus aus­gibt.
bru­ce way­ne, der mann hin­ter der mas­ke, ist nicht nur wohl­ha­bend, er ist so­gar mul­ti­mil­lio­när. der le­ser er­fährt zwar nur am ran­de, dass er die­ses ver­mö­gen von sei­nen el­tern, de­ren er­mor­dung er als kind mit­er­le­ben muss­te, ge­erbt hat und dass er auf­grund die­ses trau­mas sein le­ben dem kampf ge­gen das or­ga­ni­sier­te ver­bre­chen wid­met, die­se spär­li­chen in­for­ma­tio­nen rei­chen aber voll­kom­men aus um ihn nicht nur als ver­tre­ter des ame­ri­ka­ni­schen geld­adels (vain, ei­tel) son­dern so­gar als an­ge­hö­ri­gen des eu­ro­päi­schen hoch­adels (ro­bert the bru­ce) zu iden­ti­fi­zie­ren. der um­stand, dass sei­ne el­tern zu­erst durch ge­schick­te im­mo­bi­li­en­spe­ku­la­tio­nen zu enor­mem reich­tum ge­langt sind, in wei­te­rer fol­ge aber ei­nes ge­walt­sa­men to­des ster­ben muss­ten, lässt au­ßer­dem nicht nur ra­schen zwei­fel am vor­der­grün­dig harm­lo­sen image vom mil­lio­nen­er­ben als phil­an­trop und play­boy auf­kom­men, son­dern legt viel mehr noch die ver­mu­tung nahe, dass bru­ce way­ne selbst eine zen­tra­le fi­gur eben je­nes or­ga­ni­sier­ten ver­bre­chens sein könn­te wel­ches er in der ver­klei­dung als bat­man zu be­kämp­fen vor­gibt. ge­nau­so wie man fle­der­mäu­se mit vam­pi­ren gleich­setzt tut man dies doch auch mit vam­pi­ren und ade­li­gen (graf dra­cu­la). auch wenn er kei­nen adels­ti­tel trägt so be­wohnt er doch eine art schloss, be­schäf­tigt ei­nen but­ler nach bri­ti­schem vor­bild (al­fred) und ist auf kei­ner­lei ar­beit im sin­ne ei­nes brot­er­werbs an­ge­wie­sen. statt­des­sen ver­bringt er den groß­teil sei­ner zeit mit ro­bin (rot­kehl­chen), ei­nem jün­ge­ren spiel­ge­sel­len glei­chen ge­schlechts. man er­in­ne­re sich in die­sem zu­sam­men­hang an die les­bi­sche lie­be und das aris­to­kra­ti­sche mi­lieu in jo­seph she­rid­an le fa­nus “car­mil­la” aus dem jah­re 1871, dem ei­gent­lich ers­ten mo­der­nen vam­pir­ro­man. egal ob man in der fi­gur des bru­ce way­ne nun eher den ka­pi­ta­lis­ti­schen aus­beu­ter oder den aris­to­kra­ti­schen blut­sau­ger se­hen will, die par­al­le­len sind nicht von der hand zu wei­sen.
jetzt bleibt nur noch die fra­ge zu klä­ren war­um die au­to­ren ihr pu­bli­kum denn der­art hin­ters licht zu füh­ren ver­su­chen soll­ten bzw. war­um von je­nem die vie­len mehr oder we­ni­ger ein­deu­ti­gen hin­wei­se auf den wah­ren in­halt der ge­schich­te meist nicht rich­tig ge­le­sen wer­den wol­len. vor­der­grün­dig könn­te man mei­nen, es hand­le sich bei den bat­man co­mics vor al­lem um eine be­son­ders raf­fi­nier­te und sub­ti­le art der pu­blic re­la­ti­ons im sin­ne eben je­ner ge­sell­schaft­li­chen eli­te, die um karl kraus zu pa­ra­phra­sie­ren “vor­gibt die hei­lung für jene krank­heit zu sein die sie selbst ver­ur­sacht”. dies wür­de auch er­klä­ren war­um der su­per­rei­che bru­ce way­ne in die rol­le der ar­men, klei­nen bat­man-maus schlüpft, die sich selbst­los und tap­fer, dem da­vid im kampf ge­gen go­li­at gleich, zum schutz der ar­men und ver­folg­ten ei­nem über­mäch­ti­gen geg­ner na­mens “or­ga­ni­sier­tes ver­bre­chen” im­mer wie­der aufs neue ent­ge­ge­stellt. der tä­ter wird hier nicht nur zum op­fer sti­li­siert, son­dern in wei­te­rer fol­ge so­gar noch als held ge­fei­ert. es fin­det also nicht nur eine tä­ter-op­fer-um­kehr statt, die lüge vom “ar­men tä­ter” wird durch des­sen my­tho­lo­gi­sie­rung so­gar noch ge­gen jede kri­tik qua­si im­mu­ni­siert. der ober­fläch­li­che le­ser wird des­halb ge­nau­so­we­nig auf die idee kom­men (wol­len), dass sein held bat­man in wahr­heit der ober­gangs­ter bru­ce way­ne ist, wie etwa der bra­ve ka­tho­lik auf die idee kom­men wird (wol­len), dass sich hin­ter der wohl­tä­ti­gen fas­sa­de der kir­che eine kaum vor­stell­ba­re raff­gier und macht­ver­ses­sen­heit ver­birgt die buch­stäb­lich über lei­chen geht. die gren­ze zwi­schen selbst­be­trug und fremd­be­trug ist eben eine flie­ßen­de. ab­schlie­ßend wol­len wir uns noch kurz je­ner me­ta­ebe­ne zu­wen­den, die die mög­lich­keit ei­ner sol­chen “ver­schwö­rung” nicht nur nicht aus­schließt, son­dern die­se so­gar vor­aus­setzt. eine ver­schwö­rung in die­sem zu­sam­men­hang ist ja nichts an­de­res als die un­merk­li­che ab­spal­tung ei­nes teils der ge­sell­schaft vom rest und zwar durch das mit­tel der ge­heim­hal­tung bzw. der ver­drän­gung. die­ser schat­ten, die­ses al­ter ego, die­ser dop­pel­gän­ger oder wie auch im­mer man den ver­ges­se­nen, ver­bor­ge­nen, ver­dräng­ten teil nen­nen will hat aber nur so­lan­ge ein ei­gen­le­ben und steht in kon­kur­renz zum rest so­lan­ge die­se spal­tung des sub­jekts bzw. der ge­sell­schaft in eben ei­nen gu­ten, of­fe­nen teil und ei­nen bö­sen, ver­schlos­se­nen teil in dem maße auf­recht er­hal­ten bleibt, in dem bei­de as­pek­te ihre grund­sätz­li­che ein­heit nicht als sol­che er­ken­nen kön­nen. auf die ge­schich­te von bat­man über­tra­gen soll das heis­sen, dass so­lan­ge bat­man/?bru­ce way­ne nicht ein­se­hen will, dass er sich im jo­ker selbst ge­gen­über steht, so wie im ridd­ler sei­nem freund ro­bin oder im pin­gu­in sei­nem but­ler al­fred, so­lan­ge wird er die­se be­kämp­fen und von die­sen be­kämpft wer­den. des ei­nen hel­den sind des an­de­ren schur­ken und um­ge­kehrt. wo eine vil­la ist, da ist ein vil­lain nicht weit ent­fernt.

wien, märz 2015
jo­hann neu­meis­ter

an­mer­kung der re­dak­ti­on: der text spie­gelt die in­ter­pre­ta­ti­on des au­tors nicht
aber die der künst­le­rin wie­der

Gruppenausstellung
Eröffnung
arts (general)
Bildende Kunst
12.03.2015 (Thu) - 27.03.2015 (Fri)
19:00 -
Kunstraum am Schauplatz , 1020 Wien + Kunstraum am Schauplatz