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As far as anyone knows we're a nice normal family - Alistair Fuller

In seinen neuen Fotos beschäftigt sich Alistair Fuller im Rahmen der noch bis Ende Jänner laufenden Ausstellung “Symbolismus - Surrealismus” mit den surrealen Aspekten Wiens.

Der in London gebürtige Fuller, der seit 1997 mit Wien in Kontakt steht und seit 2007 hier seinen permanenten Wohnsitz hat, ist für seine unkonventionelle, weil nicht voreingenommene Sichtweise auf Wiener Eigenheiten kein Unbekannter mehr. Im Jahr 2010 präsentierte Fuller “Zug fährt ab – Visual poems of the everyday; The extended living room of the U-Bahn”. Auch wenn diese Bilder laut Eigendefinition „aus der Hüfte geschossen“ waren und strenges Schwarz-Weiß das dokumentarische Element betonte, so schuf Fuller doch eigenwillig komponierte, fast an Tableaux vivants erinnernde Bilder, die ungefähr so weit von gängigen Wiener Klischees entfernt sind, wie Wien von London. Schon hier bewies Fuller einen Blick auf die Stadt und eine Reaktion auf den unmittelbaren Lebensraum, wie ihn nur ein Mensch hat, der frei von Vorurteilen ist und zwar sowohl von negativen als auch positiven.

Wien scheint für die neuen Bilder Fullers, die sich schon durch die Farbigkeit von den klassischen Bildern der ersten Pariser Surrealisten-Generation unterscheiden, die ideale Stadt zu sein. Eine Stadt, in der im Gegensatz zu anderen europäischen Städten und zu historischen Vorbildern das surreale Element selten von politischem Kalkül – etwa im Sinne einer Protesthaltung – genährt wird. Hingegen scheint Wien von Natur aus reichlich mit Ambivalenzen gesegnet zu sein, wo liebevolle Gefühle schnell in Hass umschlagen können und umgekehrt, wo man sich aber manchmal auch gar nicht für das eine oder andere entscheiden muss, da die Faktoren Zeit, Trägheit und das Delegieren von Entscheidungen an einen bei Kafka geborgten Türhüter für die Erledigung sorgen. Schließlich ist in Wien das Surreale so alltäglich, dass man sich oft kneifen muss, um zu überprüfen, ob man wacht oder träumt. Bei Fullers Bildern ist dies jedoch zwecklos, da man nie weiß, ob da komponiert oder einfach eine Handlung in genau dem Bruchteil einer Sekunde erfasst wurde, der dazu nötig ist, diesen Moment dem Reich der Realität zuzuführen.

Ob der Betrachter im Individuellen letztlich das Typische erkennt, bleibt ihm überlassen. Er hat immer die Freiheit zu wählen, was er sehen oder auch erkennen will. So sind Fullers Fotos oft wie Umspringbilder, in denen man bewusst die Perspektive wechseln und einmal die eine, dann wieder die andere Figur erkennen kann. Eine große Wiener Fin-de-Siècle-Ausstellung nannte sich „Traum und Wirklichkeit“. In Wien, so beweisen jedenfalls die Bilder eines „Außenstehenden“, kann man sich auch heute seiner Sache nicht so sicher sein.

Ausstellung
Fotografie
arts (general)
Design
04.12.2014 (Thu) - 17.01.2015 (Sat)
19:00 -
Galerie Hochdruck , 1160 Wien Galerie Hochdruck, Neudeggergasse 8, 1080 Wien