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André Butzer, Christian Eisenberger / K8 Hardy

Das Künstlerhaus KM–, Halle für Kunst & Medien freut sich, neue Bilder des Künstlers André Butzer (geboren 1973 in Stuttgart, lebt in Rangsdorf/Brandenburg) in einem Aufeinandertreffen mit Arbeiten des parallel gezeigten Künstlers Christian Eisenberger im Hauptraum des Hauses präsentieren zu können.
Stets ausgehend von einer intensiven und die Grenzen und Möglichkeiten des Mediums Malerei prüfenden Auseinandersetzung erlangte der deutsche Maler zuallererst Bekanntheit mit greller, gestisch-expressiver und sehr farbstarker Malerei, die er selbst stilistisch als „Science-Fiction-Expressionismus“ bezeichnete. In kontinuierlicher und konsequenter Folge und Weiterentwicklung jedoch, begann eine schleichende Abkehr von den signifikanten Trägerelementen (Sprühfarbe, Emoticons nicht unähnlich lustigen Gesichtern bzw. Totenköpfen, Text oder extra dick aufgetragene Farbe) dieser teils überzeichneten, aber sehr einprägsamen Formensprache. Es folgten Bilder, die unter Verwendung leuchtender Farben entstanden und gewinkelte und zugleich bewegte Linien und Formationen vor einem monochromen, flächig grauen Grund zeigten. Die Auseinandersetzung mit Farbe basierte zunehmend auf strengen formalen Fragen nach der Repräsentationsfunktion von Farbe allgemein.
Die in dieser Ausstellung gezeigten zwei malerischen Arbeiten entstammen der 2010 begonnenen Reihe sogenannter „N-Bilder”. Alle schwarz-weißen Gemälde dieser Reihe eint die Ausrichtung nach einem unkalkulierbaren Maß „N”, welches sich wiederum von „NASAHEIM”, einem weiteren Neologismus des Künstlers ableitet. Für André Butzer ist dieses „NASAHEIM” (aus „NASA”, The National Aeronautics and Space Administration und „Anaheim”, dem Ursprung Disneylands) ein utopisch ferner, unerreichbarer Ort, vergleichbar mit einem Depot unendlicher Größe, an dem sämtliche erdenkliche Farben lagern. Das Bild als solches geht dort beständig zu Grunde, entsteht aber gleichzeitig im Sinne einer permanenten Stiftung immer wieder neu. Das eigentliche Motiv ist das Bild als Ganzes, verbunden mit dessen Wahrnehmung durch die Betrachter/innen. In dieser Konsequenz legen die Gemälde eine stringente Weiterentwicklung innerhalb Butzers Œuvre aus den in älteren Werken schon angelegten formalen Strukturen dar. Die „N-Bilder“ verweisen zudem auf die bildnerischen Grundrichtungen, auf die reine Proportion des Bildes jenseits weltlicher Geometrie und das Ignorieren von Pinselduktus, Farbunterschied und Bildvorder- wie -hintergrund, vielmehr werden die Betrachter/innen zur genauen Überprüfung der die Bilder konstituierenden Kontraste der chromatischen Vertikale bzw. Horizontale eingeladen.

Auf die Frage mit dem Hantieren welchen künstlerischen Erbes er sich denn konfrontiert sehe und welche Weiterführungen ihm dabei möglich wären und auch welche Sackgassen im Arbeitsprozess drohen dürften um wiederum zu Ergebnissen zu gelangen, antwortet Butzer in der die Ausstellung begleitenden Publikation: „Der Künstler bekommt das Erbe nicht. Das Erbe empfängt allein. Es gibt 3000 oder mehr Jahre Kunst. Es gibt wohl nichts, was weiterführt. Kunst ist eine friedliche Sackgasse und sie muss eine ewige friedliche Sackgasse sein oder es ist keine Kunst. Allerdings geht so gut wie niemand in diese Sackgasse hinein, bzw. die Sackgasse lässt so gut wie niemanden hinein, zu Recht.“

Zudem freut sich das Künstlerhaus KM–, parallel zu André Butzers Werken auch neue Arbeiten des Künstlers Christian Eisenberger (geboren 1978 in Semriach, lebt und arbeitet in Wien und Semriach) zeigen zu können.
Erste größere Aufmerksamkeit erlangte Eisenberger im Laufe der Nuller-Jahre durch kontinuierliches Platzieren unzähliger bemalter Pappkartons im öffentlichen Raum, welche motivisch gesellschaftliche Außenseiter, etwa Migranten, Obdachlose, aber auch leicht zu identifizierbare Größen der Weltpolitik zeigten. Dieses Arbeiten in Serie ist nach wie vor ein prägendes Charakteristikum seiner überbordenden künstlerischen Praxis, welche er in alle Felder seiner mannigfaltigen Interessen und Erforschungen überträgt. Aus unbändiger Experimentierhaltung, mit rohen, einfachen Gesten und einem Gestus des „Rotzigen“ baut und bastelt Eisenberger seine zum Teil materialintensiven und installativen Großarbeiten um klassische Themen künstlerischer Auseinandersetzung wie etwa Leben, Tod, oder Vanitas-Motive, denen aber dabei meist eine Aura des Unfertigen, Zufälligen und zuweilen auch Züge eines bissigen, einem aktualisierten und subjektivierten Dadaismus geschuldeten Humors anhaften. Für die Ausstellung im Künstlerhaus KM– arbeitete der Künstler eigens an einer Reihe von vergleichsweise leisen skulpturalen und malerischen Arbeiten, in denen er das Ausgangsmaterial Holz wie auch die verwendeten Leinwände nur minimal und wiederum sehr roh bearbeitet. Gerade in diesem „Beinah-Unbearbeitet-Lassen“ gelingt es dem Künstler generell, das jedem künstlerischen Werk inhärente, wichtige und wechselwirkende Abhängigkeitsverhältnis von Materialwirkung und künstlerischem Eingriff zu thematisieren und herauszustreichen.
Anhand der im Künstlerhaus KM– versammelten und in einer opulent raumgreifenden Installation arrangierten Arbeiten lässt sich folglich nicht eindeutig verifizieren ob die Formgebung des Holzes bereits einem Ausgesetztsein natürlicher Einflüsse am Ursprungsort entstammt oder bis zu welchem Grad der künstlerischen Bearbeitung Eisenbergers unterlagen. Das kritische Hinterfragen künstlerischer Schöpfermythen und der Bedingungen von Autorschaft steht hier – neben Fragen nach Kontextabhängigkeit von Wahrnehmung und dem Sichtbarmachen der wirkungsvollen Potenziale auratischer Aufladung von Gegenständen und Materialien durch deren Ausstellen in klassischen zeitgenössischen Ausstellungshäusern und der Bedeutungsebenen jenes Kontexttransfers – einmal mehr ganz oben auf der Agenda des seiner Umtriebigkeit gerühmten Künstlers.


K8 Hardy
YDRAH 8K
23.08.2014 18:00h

Das Künstlerhaus KM– Halle für Kunst & Medien präsentiert mit YDRAH 8K eine Ausstellung mit neuen Arbeiten der New Yorker Künstlerin K8 Hardy (b.1977, Fort Worth). Hardy ist eine der Mitbegründerinnen des queer-feministischen Künstlerinnen-Kollektives „LTTR”, Herausgeberin des Fanzines „fashionfashion” und engagierte sich auch in der Gruppe W.A.G.E. (Working Artists and the Greater Economy). Ihre Arbeiten ziehen performative Energie aus unterschiedlichen Feldern und Studien etwa wiederkehrend aus dem Bereich der Mode und generell aktuellen Darstellungsformen und Modi der Selbstpräsentation in digitalen, sozialen Netzwerken. Sie lässt sich dabei nicht auf ein künstlerisches Medium festlegen, meidet handwerklich basierte Virtuosität in Fotografie, Skulptur und Video und produziert wie aus einem gigantischen Sog der Selbst-Dokumentation und modischer, queer-visionärer Identitäts-Transformation.
In einer von der Künstlerin als „Outfitumentary” bezeichneten in der Ausstellung in komprimierten Auszügen gezeigten Video-Arbeit dokumentiert sie ihre opulent wie rasenden Kleiderwechsel seit 2001 und die damit verbundenen Signal-Wechsel innerhalb einer lesbischen Subkultur wie Sehnsuchtsprojektionen allgemein. In dieser Dokumentation der jagenden Selbsterfindung und kritischen Überprüfung dieser Identitätssuchen und dem Aufzeigen von medialen Brüchen darin kommt es zu einem Bedeutungsverlust der vor der Kamera getragenen Mode und zur Refokussierung auf das im kontinuierlichen Wandel befindende Selbst der Künstlerin wie die zum Einsatz kommenden ebenfalls wechselnden Orte der Selbstdokumentation. Diese Hochgeschwindigkeits Rollenwechsel und der damit verbundene gesellschaftliche Selbstdarstellungsdruck, den Hardy seit jeher mitthematisiert, zielt auf eine Hinterfragung der Künstler/innen-Rolle und deren authentische Verkörperung innerhalb reiner kapitalistischer Systeme der Reproduktion und darin zu Tage tretenden Formatierungen des Selbst. Auch in ihren unkonventionellen künstlerischen Weiterführungen in Skulptur, Leuchtboxen oder Fotografien geht es Hardy mitunter um das Aufzeigen emanzipatorischer Mittel und Potentiale in der Beantwortung einer drängenden Fragestellung, die der Theoretiker Diedrich Diederichsen einmal folgend anführte: „Was hülfe es, würde man sich in eine Gewerkschaftsposition gegenüber der Kreativarbeit begeben, was könnte man fordern, ohne gleich alles zu fordern? Nun dies: Die Wieder-Versachlichung der personalisierten Techniken, das Verfügen über Rückzugsmöglichkeiten, die nicht vom Zwang zur Reproduktion aufgefressen werden, die Wiederaneignung des Selbst durch das Selbst, die De-Ökonomisierung der Seele, des Körpers, der Präsenz, der Sexyness; die Re-Politisierung, Re-Objektivierung, Re-Reifizierung von Fähigkeiten, Skills, Wissen.” (1)

K8 Hardy zeigte ihre Arbeiten bereits auf der Whitney Biennale, New York, im PS1, New York, dem MoMA, New York, der Dallas Contemporary, der Tate Modern, London und in den Galerien Karma International, Zürich und Galerie Reena Spaulings Fine Art in New York. Zudem befinden sich Arbeiten der Künstlerin in großen Museums-Sammlungen wie dem Guggenheim und dem Whitney Museum, New York.

(1) Diedrich Diederichsen, „Kreative Arbeit und Selbstverwirklichung“, in: Christoph Menke und Juliane Rebentisch, „Kreation und Depression. Freiheit im gegenwärtigen Kapitalismus“, Berlin: Kadmos Verlag, 2010.

Eröffnung
Kunstausstellung
Bildende Kunst
arts (general)
22.08.2014 (Fri) - 18.09.2014 (Thu)
18:00 -
Halle für Kunst Steiermark , 8010 Graz Künstlerhaus KM?, Halle für Kunst & Medien, Burgring 2, 8010 Graz