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Filmvertonung Harry Smith: Heaven and Earth Magic

“Meine Filme werden von Gott gemacht; ich bin nur das Medium” Harry Smith

Harry Smith wird am 29. Mai 1923 in Portland, Oregon, geboren und verbringt seine gesamte Kindheit im Nordwesten der USA, wo sein Vater eine Stelle als Wachmann bei einer Lachskonservenfabrik hat und seine Mutter als Lehrerin bei den Lummi-Indianern arbeitet. Einer seiner Urgroßväter ist ein bekannter Freimaurer, seine Eltern, praktizierende Theosophen, machen ihn schon sehr früh mit pantheistischem Gedankengut bekannt. Diese Einflüsse wie auch die Jahre, in denen Harry sehr viel Zeit mit Indianerstämmen des Nordwestens (Kwakiutl, Lummi und Samish) verbringt, wecken in ihm einen Hang zu mystischen und philosophischen Spekulationen und die Neigung zu unorthodoxen Ansichten und okkultistischen Praktiken. Als Heranwachsender verbringt er viele Stunden damit, die rituellen Gesänge der Lummi und Samish mit einem Tonbandgerät aufzuzeichnen; im Alter von 15 Jahren hat er bereits ein ansehnliches Repertoire verschiedener Dialekte und Sprachlaute autochtoner Volksgruppen der amerikanischen Nordwestküste zusammengetragen. So verwundert es nicht, dass Harry Smith sich im Jahre 1943 an der Universität des Staates Washington für das Fach Anthropologie einschreibt; aber er widmet sich nur kurz diesem Studium, da es seine intellektuelle Neugier nur teilweise befriedigen kann. Von nun an beschreitet Smith alle möglichen unkonventionellen Wege, um seine Kreativität zu stimulieren, u. a. experimentiert er mit psychotropen Substanzen/Drogen, die ihm halluzinatorische Erlebnisse und “Trips” in das innere Ich vermitteln, die Smith später als “initiatisch” (das Tor zum Geheimen öffnend) beschreibt.

Zu dieser Zeit interessiert sich Harry Smith bereits für den Experimentalfilm, insbesondere für die Arbeiten von Kenneth Anger und Oskar Fischinger. Er fühlt sich von der Malerei Kandinskys angezogen, welche für ihn den Versuch darstellt, eine regelrechte abstrakt-visuelle Sprache zu schaffen, welche das Betrachten eines Bildes sogar zur spirituellen Erfahrung werden lassen kann; eine Malerei, die aus den Quellen der Musik und der Farbe schöpft. Harry Smith beginnt zu malen, sowohl auf der Leinwand wie auch direkt auf Zelluloid, wobei Letzteres ihm zuweilen Jahre beharrlicher Plackerei abverlangt: auf Hunderten von Metern Zelluloid erstellt er in penibler Handarbeit Bild für Bild seine Zeichnungen, die er noch durch diverse Collagen ergänzt; er arbeitet mit Mehrfachbelichtungen oder übermalt bereits belichtete Frames. Dabei komponiert und synchronisiert er einzelne Elemente wie Farbe, Bewegung und Ton geschickt zu einer vollendeten, wie aus einem Guss geschaffenen Partitur. So entstehen komplexe Trickfilmschöpfungen, die sozusagen direkt den Windungen der Psyche und des Geistes entsprungen zu sein scheinen, weshalb Smith später als einer der Vorreiter der psychedelischen Bewegung gehandelt wird.

Als passionierter Musikliebhaber und eifriger Sammler volkstümlicher amerikanischer Musik (er vermacht später seine Sammlung der Firma Folkways Records, welche auf dieser Basis eine exemplarische Kollektion amerikanischer Folk Music von 1927 bis 1937 zusammenstellt und als CD-Schuber herausgibt), sucht Harry Smith immer wieder die Gesellschaft von Jazzpionieren wie Dizzie Gillespie, Charlie Parker und Thelonious Monk und verbringt einen Großteil der 60er und 70er Jahre damit, das erste Album der “Fugs” sowie Platten mit Gedicht- und Gesangsaufnahmen von Protagonisten der Beat Generation zu produzieren.

Harry Smith verbringt die letzten Jahre seines Lebens als “Shaman-in-Residence” (“Haus-Shamane”) am tibetisch-buddhistischen Naropa Institute in Boulder, Colorado, wo er Vorträge hält. Er stirbt am 27. November 1991 in New York.

Vertonung durch:
Markus Steinkellner: Guitar, Electronics
Bernhard Höchtel: Synthesizer
Robert Pockfuß: Guitar
Leon Leder: Computer

Projiziert von: Paul Krimmer

Kuratiert von: Petra Popovic

Screening
Video
Film
arts (general)
25.09.2013 (Wed)
20:05 -
Tonkino Saalbau , 1150 Wien