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Is Palestine a feminist Issue?

Zur Verschränkung von (Queer)-Feminismus und Antisemitismus.
Zentrum Didaktik für Kunst und interdiszipinären Unterricht

Seit dem grausamen Massaker der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober in Israel, mit über 1200 israelischen Todesopfern, sowie dem darauf folgenden Krieg in Gaza mit über 30000 toten Zivilist:innen, ist ein drastischer Anstieg von Rassismus und Antisemitismus zu verzeichnen – auch in feministischen und linken Kreisen. Obwohl der Einsatz von systematischer sexualisierter Gewalt erklärter Teil der Angriffsstrategie der Hamas war und hundertfache Vergewaltigungen und Femi(ni)zide zur Folge hatte, blieb die erwartete (feministische) Solidaritätswelle mit den betroffenen israelischen Frauen und Queers aus.
Selbst UN-Women, eine der größten internationalen feministischen Organisationen, brauchte über zwei Monate, um in einem Statement auf die geschlechtsspezifische Gewalt zu reagieren. Einige feministische Gruppen stellen sogar in Frage, ob die Vergewaltigungen überhaupt stattgefunden hätten; Mehr noch, sie feiern die zutiefst queerfeindliche, antifeministische und antisemitische Hamas als dekoloniale Befreier:in. Doch nicht erst seit dem Massaker am 7.Oktober spaltet die Auseinandersetzung um Antisemitismus, Postkolonialismus und Israel die linke Bewegung. Die mangelnde Bereitschaft, sich mit dem eigenen Antisemitismus auseinanderzusetzen, hat auch in feministischen Kontexten eine lange Tradition.

Nach einer historischen Einordnung des 7. Oktobers wird die Rolle von Social Media beleuchtet, insbesondere das Streamen der sexualisierten Gewalt als moderne Variante der Zurschaustellung von Kriegstrophäen. Anschließend wird gefragt, woher die problematischen Allianzen zwischen Feminist:innen und Islamist:innen kommen und eine Antwort auf drei Ebenen formuliert: individuell, theoretisch und bewegungspolitisch.
Der These folgend, dass große Teile des feministischen Mainstreams einem vulgären Postkolonialismus anhängen, werden sowohl Rassismus als auch Antisemitismus als Unterdrückungsideologien in ihren Funktionsweisen erläutert, voneinander abgegrenzt und auf ihre jeweiligen Leerstellen hin befragt. Im Anschluss wird anhand von theoretischen Konzepten wie „intersectionality of struggles“ (Angela Davis), „Homonationalismus/Pinkwashing“ (Jasbir Puar), aber auch Aussagen der queeren Ikone Judith Butler auf die Nähe von (mancher) queerfeministischer Theorie und Antisemitismus eingegangen. Abschließend werden bewegungspolitischen Entwicklungen in der feministischen und antifaschistischen Szene der letzten Jahre analysiert und Ansätze für die Stärkung der emanzipatorischen Linken formuliert.

Cordula Trunk ist Philosoph*in und Kulturwissenschaftler*in aus Leipzig und arbeitet momentan an der Universität Innsbruck. Dort promoviert sie auch zu Konflikten um das feministische Subjekt. Sie ist seit vielen Jahren in der feministischen und antifaschistischen Bewegung engagiert. Theorie und Praxis gehören für sie dabei untrennbar zusammen.
Zuletzt hat sie mit ihrem Theoriekollektiv MF3000 das Buch „Ändern wir die Welt, sie braucht es!“ im Querverlag publiziert.

Zu dieser Veranstaltung lädt die Gruppe Pourquoi in einer Kooperation mit dem Zentrum Didaktik für Kunst und interdisziplinären Unterricht.
Gefördert durch die HochschülerInnenschaft an der Universität Wien.

Vortrag
05.06.2024 (Wed)
19:00 -
Expositur Vordere Zollamtsstraße , 1030 Wien Seminarraum 21