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Gerhard Rühm: Zetteleien

Eröffnung: Donnerstag, 4. Juli 2024 von 18 bis 20 Uhr

Um 19 Uhr liest Gerhard RÜHM seine neuen Gedichte vor.

Ausstellungsdauer bis 31.8.2024

DAS BILD UND SEIN BUCH:
Zwei Formen der Erzählung, zwei Formen der Weltwahrnehmung. Während der Betrachter beim Bild meist mit einem Überfluss an Informationen überwältigt wird, die er Stück für Stück zu dechiffrieren versucht, lädt das Buch zur contemplatio ein. Das Zusammenspiel dieser beiden ästhetischen Dispositive ermöglicht somit die Verbindung zwischen Zeit und Raum. So wird das traditionelle Format ´Ausstellung` über sich selbst hinausgehoben und mit anderen Formen der künstlerischen Gestaltung auf neuartige Weise interdisziplinär verschränkt.

Bei GERHARD RÜHM liegen solche Verwebungen und künstlerische Transgressionen besonders nahe: Der nachgerade obsessive Leser, der über eine riesige Bibliothek verfügt, die von den Klassikern bis zu Werken aus jüngster Zeit fast die gesamte abendländische Kulturgeschichte enthält, hat sich in seiner ästhetischen Produktion noch nie auf eine Gattung festlegen lassen: Er experimentiert seit mehr als 70 Jahren im Rahmen der Wiener Gruppe und auch außerhalb mit Sprache, Collage und Poésie sonore.

Ob es nun mit Text versehene Fundstücke aus der Werbung sind oder Manifestationen der konkreten Poesie, wo das Wort gelegentlich den Charakter eines leeren Signifikanten annimmt und sich im Zeilenfall zu einer abstrakten Konfiguration organisiert. Typographie und lautliche Artikulation - traditionellerweise dienende Elemente - gewinnen Selbständigkeit. Sprache wird durchlässig hin zum Graphischen und Musikalischen, zum Visuellen und Akustischen: Grenzen werden überschritten und neue künstlerische Felder mit “schreibmaschinenideogrammen”, “typocollagen”, “frottagen”, “schriftzeichnungen”, “briefbildern” und “leseliedern” psychogeographisch durchmessen.

Es geht nicht mehr um Gattungsspezifika, sondern um ein all-over der unterschiedlichsten Sinnesreize, die - mal kognitiv, mal instinktiv - eine panoramatische Vision von einer noch zu entwerfenden Welt jenseits von Gut und Böse künstlerisch evozieren.

DAS BILD UND SEIN BUCH entfaltet somit besonders bei GERHARD RÜHM ein Glasperlenspiel, das sich auf verschiedenen Ebenen manifestiert. “Lesen heißt durch fremde Hand träumen,” schrieb einst Fernando Pessoa. Man könnte die Formulierung auch umdrehen: In der Betrachtung von Kunst zu träumen, heißt durch fremde Hand lesen.
(Thomas Miessgang, 2024)

Lesung
Eröffnung
Ausstellung
04.07.2024 (Thu) - 31.08.2024 (Sat)
18:00 -